Herzlichen Glückwunsch zu deiner Graduation, Rose

Rose Fajara ist das Herz und die Seele von nafasi in Kahe. Die 33-Jährige begleitet, fördert und motiviert die Kinder unserer Stiftung auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Gemeinsam mit ihrem Mann Peter Lelo, dem Gründer unserer Partnerorganisation KICEF, leistet Rose für nafasi Großartiges vor Ort. Jetzt hat sie auch noch ein Studium erfolgreich beendet – nebenbei.

Das Bild schickte uns Rose im Sommer 2021 vom Campus ihrer Universität in Moshi

Rose ist eine bemerkenswerte Frau. Wenn sie von den von ihr betreuten Kindern spricht, nennt sie sie „meine Söhne und Töchter“. Für ihren fast vierjährigen Sohn Mangi sind die Kinder seine Brüder und Schwestern. Und alle zusammen sind eine große Familie. 

Rose hier mit „ihren“ Töchtern und Söhnen von nafasi und KICEF auf Safari im Dezember 2021 – ganz links im Bild ihr Sohn Mangi

Trotz ihrer aufopferungsvollen Arbeit hat Rose zuletzt noch nebenbei studiert – mit Erfolg. Nach zwei Jahren an der Universität in Moshi hält sie ihren Abschluss in der Hand: ihre Graduation in „Community Development“ mit hervorragenden Leistungen! Wir freuen uns und gratulieren Rose herzlich. 

Rose beendigt sehr erfolgreich ihr Studium „Community Development“ im Oktober 2021

Wir lernten Rose 2018 kennen, als wir in Kahe waren. Damals erzählte sie uns, dass sie ihr Lehramtsstudium abbrechen musste, weil sie die Studiengebühren selbst nicht aufbringen konnte und ihr Förderer sie nicht länger als  ein Jahr unterstützen konnte.  Ohne Abschluss erhielt Rose keine feste Anstellung in ihrem Wunschberuf, deshalb arbeitete sie freiwillig und unentgeltlich in einer Schule in Moshi. 

Es ist geradezu absurd: Im ganzen Land fehlen Lehrkräfte, gleichzeitig müssen motivierte Studierende ihr Studium abbrechen, weil sie keinerlei staatliche Unterstützung für die Gebühren erhalten. 

Vier Jahre lang setzte sich Rose für die Bildung der Kinder ein, ohne Geld zu verdienen und zum Unterhalt der eigenen kleinen Familie beitragen zu können. Wir boten ihr schließlich an, sie im Studium zu unterstützen, damit sie einen Studienabschluss erlangt, um eine bessere Perspektive für eine bezahlte Anstellung zu bekommen. 

Sie zögerte erst, weil sie nicht wusste, wie sie ein Studium mit ihrer Tätigkeit für nafasi und ihrem damals zwei Jahre alten Sohn vereinbaren könnte. Dann entschied sie sich dafür – auch, weil sie sich der Unterstützung von ihrem Mann Peter sicher sein konnte. 

Rose liest mit unseren Patenkindern gemeinsam die Briefe von den Pateneltern, die Niklas mitgebracht hat

Wie sie ihr Studium erlebte und weshalb sie ihr Lehramtsstudium nicht fortsetzen konnte, lest ihr im folgenden Interview, das Niklas bei seinem mehrwöchigen Aufenthalt in Tansania über den Jahreswechsel 2021/2ß2 mit Rose führte. 

Niklas: Herzlichen Glückwunsch zu deinem Studienabschluss. Du hast „Kommunale Entwicklung“ studiert, was genau verbirgt sich dahinter?

Rose: Ich habe Kurse belegt wie Organisation von Gemeinschaften, Recht und Verwaltung, Globalisierung und Projektmanagement.

Was hat dich bewogen, erneut zu studieren?

Ich wollte mein Wissen erweitern, um damit mehr Einfluss auf die Entwicklung der Gemeinde nehmen zu können. Außerdem hoffte ich, dass neue Fähigkeiten und Erkenntnisse nicht nur für meinen Beruf nützlich sein würden, sondern mich auch persönlich bereichern. 

Du musstest in 2014 dein Lehramtsstudium nach dem zweiten  Semester beenden, weil die Gebühren nicht mehr finanzierbar waren. Hattest du überlegt, dein Lehramtsstudium wieder aufzunehmen, statt „Kommunale Entwicklung“ zu studieren?

Ich hatte während meines Studiums das erste Unterrichtszertifikat erworben und konnte danach für vier Jahre als Volontärin Erfahrungen im Unterrichten in einer Primary School machen. Es war eine großartige Erfahrung. Ich mag Kinder sehr und ich liebe es zu unterrichten. Dennoch wollte ich noch mehr Erfahrungen sammeln und mir neues Wissen aneignen. Besonders wichtig war mir, dass ich danach meiner Community noch besser helfen und diese weiterentwickeln kann.

Als du mit dem Studium in 2019 begonnen hast, warst du bereits für die NGOs KICEF und nafasi tätig und hattest eine Familie mit einem kleinen Kind. Wie hast du die verschiedenen Anforderungen unter einen Hut bekommen?

Ich habe versucht, meine Zeit so effizient wie möglich einzuteilen. Ich hatte meine Zeiträume für die Arbeit, meine Zeit für meine Familie oder für meine Ausbildung. Das fiel mir am Anfang schwer. Aber ich habe mich daran gewöhnt und realisiert, dass ich das Studium tatsächlich schaffen kann, wenn ich mir für jede der unterschiedlichen Aufgaben meine Zeit nehme. Wenn ich studieren musste, habe ich mich nur darauf konzentriert. Wenn ich mich um meinen kleinen Sohn Mangi gekümmert habe, dann war ich nur für ihn da. Und wenn ich arbeiten musste, dann habe ich mich auf die Arbeit fokussiert. 

Was hat sich mit deinem Abschluss für dich verändert?

Sehr viel. Ich habe jede Menge neue Ideen bekommen und Fähigkeiten erworben. Zum Beispiel habe ich gelernt, wie man eine Gemeinschaft mobilisiert und sie ermutigt, Probleme anzugehen und zu lösen, anstatt vor ihnen wegzulaufen. Auch weiß ich, wie ich meine tägliche Arbeit bei KICEF und nafasi zielgerichteter erledigen kann. Außerdem hatte ich vor dem Studium kein fundiertes Wissen über die Arbeit von NGOs, und was gute projektbezogene Planung bedeutet. Beides wurde im Studium häufig behandelt, insbesondere wie man Projekte entwickelt, plant und umsetzt.

Glaubst du, dass du durch das Studium besser mit Herausforderungen umgehen kannst?

Ja, absolut. Das betrifft sowohl mein Privatleben und meine Arbeit für KICEF und nafasi als auch die Zeit, die ich in der Gemeinschaft verbringe. Zudem habe ich gelernt, wie ich mit Herausforderungen umgehe, mit denen andere Menschen konfrontiert sind.  Besonders hilfreich ist es, dass ich Menschen beraten und unterstützen kann, die keine Arbeit haben. Welche Möglichkeiten haben sie, um ein Einkommen zu erzielen? Sei es, einen kleinen Garten anzulegen oder kleine Geschäftsmöglichkeiten mit ihnen zu finden. Ich habe auch viel gelernt, was den Kindern hilft, mit denen wir arbeiten. 

Hadija freut sich über die reiche Gurkenernte aus dem Garten, den sie und die anderen Kinder mit Rose gemeinsam angelegt haben

Was möchtest du noch erreichen?

Ich möchte meine Arbeit für KICEF und nafasi weiterführen. Ein großes Thema ist für mich außerdem, dass viele Kinder, die zwar die staatlichen Schulen besuchen, aber selbst in den Klassenstufen 3 und 4 nicht lesen oder schreiben können. Ich möchte versuchen, einen langfristigen Plan zu entwickeln, damit diese Kinder lesen und schreiben lernen, bevor sie die Grundschule verlassen.

Rose, danke schön für unser Gespräch.

Rose mit den Patenkindern und ihrem Sohn Mangi beim 5km FunRun beim Kilimanjaro Marathon in Moshi im März 2022